Samsung Omnia SGH-i900
(11.09.2008 00:00 CET)
Es gibt Dinge, die ermüden... und dazu gehört für mich auch der ständige Vergleich mit dem
iPhone. Als wäre das Apple-Gerät plötzlich der Maßstab für mobile Geräte. Für
die Leistungsfähigkeit, das Design, die Usability, einfach rundherum und allübergreifend. Aus meiner
Sicht wird dabei allzu oft der Fehler gemacht, das durch geschicktes Marketing in die Köpfe der Kunden projizierte
Bild mit dem tatsächlichen Erscheinungsbild anderer Geräte zu vergleichen. Das iPhone war nie und ist
auch jetzt nicht ein Gerät, das aus technologischer Sicht aktuellen Windows Mobile-Geräten das Wasser
reichen kann, dies ist aber ein anderes Thema.
Manche Hersteller aber nehmen diesen Vergleich nicht nur willentlich hin, ja sie provozieren ihn geradezu. Wer
das Samsung Omnia SGH-i900 neben das iPhone legt, der kann nicht umhin, sich die Augen zu reiben und an eine Fata
Morgana zu glauben. Die Oberfläche, der Chromrahmen um das Display, der "Mangel" an Bedientasten,
all das ist schon sehr ähnlich. Das i900 allerdings als iPhone-Clone abzutun, wäre sträflicher Leichtsinn.
Samsung hatte den Anspruch, ein handliches, schickes und leistungsfähiges Gerät auf den Markt zu bringen,
das die Fingerbedienbarkeit eines iPhones mit den Features von Windows Mobile vereint. Und dazu hat man einiges
ein einem kleinen Gehäuse vereint: Mit seinem 624MHz Marvel PXA 320-Prozessor ist das Omnia an der Spitze
der aktuellen Windows Mobile-Geräte, und das lässt sich auch im Betrieb spüren. Auch speicher- und
prozessorhungrige Anwendungen laufen schnell und ruckelfrei, einzig beim Drehen des Displays (und das ist eine
Darstellungsfrage, keine des Prozessors) würde man sich eine schnellere Reaktion wünschen. Ganz klarer
Punkt für das Omnia und gegen das iPhone, das von der Performance her auch mit der aktuellen Firmware 2.0.2
deutlich schlechter ist.
Der interne Speicher wird angereichert durch einen 8GB Festspeicher (ein 16GB-Modell soll noch kommen), wem das
nicht reicht, der kann zusätzlich mittels einer microSD-Karte erweitern, ein großer Vorteil gegenüber
dem direkten Windows Mobile-Konkurrenten HTC Touch Diamond.
Das Display löst mit 400*240 geringer auf als das der Konkurrenten auf dem HTC- und Apple-Lager (640*480
bzw. 480*320), was ein wenig schade ist. Allerdings: in der direkten Bedienung fällt das so recht gar nicht
auf, das Display ist hell, bietet satte Farben und ist - wenn man ClearVue ausschaltet - sehr scharf.
Samsung hat ganz offensichtlich den Fokus gehabt, ein Fingerbedienbares Gerät zu schaffen. Das erklärt
unter anderem auch, warum im Gehäuse kein Stylus versteckt ist. Der beiliegende externe Stylus (vom Design
her toll gemacht, von der Realisierung aber eher unpraktisch) wurde erst kurz vor dem Marktstart hinzugefügt.
Man kann ihn wie den allseits beliebten "Handyschmuck" mit einem kleinen Band am Gerät befestigen,
das sieht aber subjektiv albern aus und riskiert Kratzer am Gerät.
Diesem Anspruch zollen auch die beiden neuen Homescreens, die Samsung speziell für das i900 (und das F480V als nicht-Windows Mobile-Gerät) entwickelt hat. Statt den einzelnen Plugins, die Windows Mobile sonst bietet, findet sich nur an der linken Bildschirmhälfte eine Leiste, in der sich Symbole für einzelne Funktionen (Nachrichten, Uhr, Medien etc.) befinden.
Diese können dann mit dem Finger in die Bildschirmmitte gezogen werden und bringen dann weitere Informationen auf den Bildschirm. Vom Grundsatz her ist das nett gedacht, aber für all diejenigen, die den Informationsgehalt eines Homescreens gewöhnt sind, auf die Dauer eher wenig zufriedenstellend.
Allerdings hat Samsung auch für diesen Fall vorgebaut und bietet zwei Heute-Plugins an, die im normalen Homescreen aktiviert werden können und Standardfunktionen fingerbedienbar zur Verfügung stellen. Unter anderem hat man auch ein Hauptmenü mit großen Symbolen, eine Kurzwahlliste für Favoriten -Kontakte etc. damit verknüpft. Das Ganze ist weder vergleichbar mit dem TouchFLO 3D von HTC noch mit der Oberfläche eines iPhones, in der Summe aber bietet es vergleichbaren Bedienkomfort und lässt den Stift nicht vermissen. Nur, wenn man in die Tiefen des Systems einsteigt ertappt man sich beim verstohlenen Griff ans Gehäuse.
Das Omnia hat ein integriertes GPS, das direkt über Google Maps oder eine andere Navigationsapplikation die aktuelle Position bestimmen und darzustellen hilft. Und hier hat Samsung ganz offensichtlich aus dem (Teil-) Debakel mit dem i780 gelernt. Hatte man dort erst gar keine Navigationssoftware, dann eine als "Samsung Navigator" gebrandete Version des Garmin Navigators an Bord, die nach 14 Tagen kostenpflichtig aktiviert werden musste, so hat man mit dem Omnia weiter gedacht.
Samsung Navigator heisst die Software zwar auf dem Bildschirm auch, auf der beiliegenden 1GB microSD-Karte und der CD steht aber der richtige Name: Route 66 in der Version 8, eine Vollversion mit DACH-Karten ist direkt im Lieferumfang. Nun mag man meckern, dass Route 66 gerade davon lebt, zusätzliche Services (wie Verkehrsinformationen, Blitzer etc.) zu verkaufen, eines kann man aber nicht in Abrede stellen: Damit ist alles an Bord, was man zum Navigieren braucht, und das ist ein signifikanter Unterschied zu den meisten anderen Geräten (inkl. des iPhone 3G), bei denen Google Maps der Gipfel der serienmäßigen Navigationsfreuden ist.
Was bisher nur zwei andere Geräte auf dem Markt haben, setzt das Omnia im Vergleich am besten um: Den Bewegungssensor.
Einmal im Menü aktiviert kann das Display automatisch gedreht werden, wenn das Gerät selbst seine Ausrichtung
ändert. Samsung hat sich entschieden, das Ganze grafisch animiert zu machen, der Bildschirminhalt verkleinert
sich, ändern seine Form/dreht sich und vergrößert sich dann wieder. Nett gemeint, aber irgendwie
auch unnötig, denn diese Animation braucht einfach Zeit. Nichts desto Trotz: Alle Applikationen können
so schnell im Querformat genutzt werden, vor allem beim Schreiben von Nachrichten, bei denen mit dem Querformat
auch eine "Verbreiterung" der Tastatur einhergeht, ist das eine hilfreiche Sache.
Wie beim HTC Touch Diamond kann auch beim Omnia die "Etikette" eingeschaltet werden, das Drehen des Geräts
auf das Display bei einem eingehenden Ruf schaltet die Rufsignalisierung automatisch ab. So muss man nicht "wegdrücken"
(was dem Anrufer ja durch das Besetztzeichen offenbart wird), wird aber trotzdem nicht mehr durch Vibration oder
Klingelton in einer Sitzung gestört.
Wer jetzt hofft, er könne die ganzen für den Touch Diamond/Touch Pro existierenden Programme, die den
Sensor nutzen (beispielsweise die Wasserwaage) verwenden zu können, der wird enttäuscht. All diese Programme
verwenden momentan die proprietäre HTCSensorSDK-DLL, einen internen, nur für HTC-Geräte funktionierenden
Treiber.
Wie beim SGH-i780 hat Samsung ein Touchpad verbaut, und das wird nicht immer für eitle Freude sorgen: Im Standard ist es so eingestellt, dass es wie ein Steuerkreuz funktioniert... allerdings ist die nötige Gewöhnung schon deutlich. Die mir deutlich liebere Steuerung ist die Umschaltung auf den Mauszeiger ("die Fingermaus"), mit der ein kleiner Mauszeiger auf den Bildschirm gebracht wird. Auch das ist gewöhnungsbedürftig, zumal man auf diesem Wege nicht mehr mit einer Taste durch Menüs rollen kann, sondern immer mit dem Mauszeiger auf die Scrollbalken gehen muss. Klare Empfehlung: Die persönlich beste Variante durch Ausprobieren herausfinden!
Einen klaren Vorsprung muss man Samsung im Hinblick auf Zubehör attestieren. Neben dem Netzteil, dem Sync-Kabel, dem Stift und den CDs liegt dem Omnia ein richtig guter Kopfhörer dabei, der mit einem ebenfalls beiliegenden Adapter zu einem Headset gemacht werden kann. Klanglich gut, vom Design her ein wenig an das Bose InEar-System erinnernd, und definitiv ein Fortschritt gegenüber den normalen Billigkopfhörern und -headsets.
Leider ist bei all dem Licht auch Schatten über dem Omnia: Zwei dicke Bugs schmälern den Spaß
am Gerät nicht unerheblich:
Zum einen ist das Omnia von einer gewissen Amnesie geplagt: Beim Ausschalten "vergisst" es gerne mal
Einstellungen wie die Wahl der Eingabemethode der Maus, das ausgeschaltete ClearVue etc., nichts wirklich relevantes,
nichts desto Trotz ist dies ein wenig nervig.
Schlimmer allerdings ist die Tatsache, dass das Omnia sich regelmäßig (im Durchschnitt einmal am Tag)
aufhängt: Der Standbymodus ist ewiglich, auch wenn Anrufe noch durchgehen und man sogar Systemtöne vernehmen
kann, das Omnia wacht nicht mehr auf und muss resettet werden... durch die Tatsache, dass man meist keinen Stift
dabei hat, bleibt nur die Akkuentnahme. Bisher habe ich es noch nicht geschafft, eine Ursache dafür zu identifizieren...
und Samsung hat nichts anderes als Allgemeinaussagen "Komplett zurücksetzen" parat. An ein ROM-Update
scheint noch nicht zu denken zu sein. Ja, man kann damit leben (zumal das Gerät sich wenigstens nicht abschaltet,
man also noch erreichbar ist), aber ein Bug ist es allemal.
Preis:
ca. EUR 530,- u.a.hier.Fazit:
Zu allererst schafft das Samsung Omnia SGH-i900 es noch ein Stück mehr als der HTC Touch Diamond, ein "iPhone-Killer" zu sein. Das liegt nicht nur am Design, sondern auch an den vielen kleinen "Nettigkeiten", die Samsung sowohl im Bereich der Hard- als auch der Software mitliefert. Die Haptik des Geräts ist, so man auf ein solches Design steht, hervorragend, Verarbeitung und Performance ebenfalls.Man hätte sich durchaus ein "besseres" Display gewünscht, zumindest im Bereich der Auflösung. Auch wenn bisher keines der Programme Probleme mit der eher unüblichen Auflösung 400*240 hatte, mittlerweile ist man von anderen Windows Mobile-Geräten 640*480 gewöhnt, und Toshiba hat mit dem G900 vorgemacht, dass auch 800*480 machbar ist.
Bitter allerdings - wobei durch ein Update lösbar - die beiden Bugs. Während ich mit dem erneuten Deaktivieren von Clearvue und dem Einschalten der Fingermaus nach einem Softreset noch leben kann, so ist das Aufhängen des Gerätes definitiv inakzeptabel. Auch wenn es nicht in hoher Frequenz vorkommt, ein gewisses Gefühl der Unsicherheit bleibt einfach. Hier muss Samsung dringend nachbessern!.
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